Paradise–Park–fiftyfifty

Draußen sein & Paradies Worringer

Timo arbeitet bis zur letzten Sekunde an seinen Graffitis, die Schriftensammlung Sandra’s persönlicher Gedanken ist noch im Druck und Uwes großformatige Fotografien über den urbanen Raum werden gehangen. Heute sind sie mit Autor*innen der Ausstellung und präsentieren ihre Wahrnehmung auf die Stadt und das Leben auf der Straße DüsseldorfsParadise–Park– kuratiert die Ausstellung in der fiftfyfifty-Galerie und bringt die Projekte »Paradies Worringer« und »Draußen sein« zusammen. Die Ausstellung zeigt Arbeiten zum Worringer Platz, zum Thema Obdachlosigkeit in Düsseldorf, und studentische Projekte, die in der Schnittstelle entstanden sind.

Die Rheinische Post berichtet über unsere verschiedenen Szenerien am Worringer Platz: »Zuhören, wie eine Stadt tickt. Kommunikationsdesign hautnah: Düsseldorfer Studenten haben einen Innenstadt-Platz erforscht und Menschen interviewt.« Planungsprozesse, der Umgestaltung des Areals um den Hauptbahnhof, finden oft nur innerhalb der oberen Instanzen statt. Wir möchten neue Perspektiven sichtbar machen, mit Bild und Text als Ausgangspunkt, und in Diskurse der Stadtgestaltung intervenieren. Ziel ist es, mit Menschen vor Ort über die Stadt, Politik und Planung ins Gespräch zu kommen. Seit mehreren Semestern sind wir am Worringer Platz aktiv, experimentieren mit gestalterischen Methoden und führen interdisziplinäre Seminare durch. Die Ausstellung ermöglicht es uns, die Zwischenergebnisse unserer Interventionen am Platz, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Material, bestehend aus audiovisuellen Medien, welches wir zusammenzustellen und kommunizierbar machen. Material, das durch partizipative Praxis entstanden ist. Und Material, bei denen Anwohner*innen des Platzes zu ihren eigenen Autor*innen werden.

Kommunikation ist alltäglich, aber nicht selbstverständlich: Wer sich mit wem austauscht
und wessen Stimme im öffentlichen Diskurs zu hören ist, bestimmen unter anderem auch gesellschaftliche Faktoren. Rheinische Post
Hören, wie eine Stadt tickt – 8,30 kB

Kommunikationsdesign hautnah: Düsseldorfer Studenten haben einen Innenstadt-Platz erforscht und Menschen interviewt.

Die Ausstellung der fiftyfifty spiegelt die verschiedenen Projekte heute Abend in der Galerie wider. Angelehnt an den urbanen Raum, werden sie präsentiert durch Verdichtungen, Öffnungen und Schließungen. Einige unserer Prototypen der Kommunikation stehen im Raum und werden für die Besucher eröffnet. Sie werden Teil unseres Fotoarchivs, sie schreiben Briefe an den Platz oder kochen gemeinsam am Ü-Wagen. Heute Abend geht es darum, sich Zeit zu nehmen, zuzuhören und ins Gespräch zu kommen. Neben den Arbeiten am Worringer Platz werden Projekte gezeigt, die sich mit dem Thema Obdachlosigkeit auseinander setzten. Projekte, die individuelle Perspektiven aufzeigen, und persönliche Realitäten sichtbar machen. »Das Klingeln im Kopf«, eine Arbeit von Stefan Klatt, die in Zusammenarbeit mit Heroin-Abhängigen entstanden ist, oder »Auf Düsseldorfs Straßen«, ein Langezeit-Projekt von Lena Dreyhaupt, die mit obdachlosen Menschen in Düsseldorf ins Gespräch gekommen ist. Das Buch »Draußen sein« von Stefanie Kaufmann und Janna Lichter, erzählt neun persönliche Lebensgeschichten von obdachlosen Menschen in Düsseldorf. Beantwortet werden Fragen wie: Warum leben in unserer Gesellschaft Menschen auf der Straße, obwohl es Hilfsangebote gibt? Was treibt sie an? Was nimmt ihnen Kraft?

Die Ausstellungseröffnung findet am Freitagabend, den 17.9.2019, statt – in der Woche zuvor kommt es jedoch zu Streitigkeiten zwischen fiftfyfifty und der Stadt. Steine wurden von der Stadt unter die Brücken in Düsseldorf gelegt, um Obdachlose davon abzuhalten sich dort aufzuhalten und zu schlafen. Über Nacht werden die Steine von fiftyfifty und freiwilligen Helfer*innen abtransportiert. Während wir unsere Ausstellung aufbauen, bekommen wir immer wieder Zwischenfälle mit, und werden aufgefordert uns zu positionieren. Die Stimmung ist politisch geladen. Später wird angekündigt, dass Hubert Ostendorf und der Oberbürgermeister, Thomas Geisel, unserer Ausstellung als Platform zum Debattieren nutzen möchten. Am Abend der Ausstellung behauptet der Oberbürgermeister nichts davon gewusst zu haben. Auch die Rheinische Post schreibt am nächsten Morgen »Oberbürgermeister Thomas Geisel hat am Freitagabend in der Galerie der Obdachlosen-Hilfsorganisation fiftyfifty die eigene Verwaltung scharf kritisiert«. Die Glaubwürdigkeit seiner Aussage ist fragwürdig.

Steine unter die Rheinkniebrücke zu legen, um dort Lager von Obdachlosen zu verhindern, sei »ein Riesenunsinn« und »töricht« gewesen. Rheinische Post
Geisel nennt Steine »töricht« – 6,03 kB

Der OB will von der Maßnahme gegen Obdachlose nichts gewusst haben.

Am Ende des Schlagaustauschs zwischen Hubert Ostendorf und Thomas Geisel lenken wir die Aufmerksamkeit auf die Arbeiten der Ausstellung. Wir finden Steine gegen Obdachlose falsch, kritisieren die Aktion stark. Dennoch sehen wir, dass der Oberbürgermeister auf die Anfrage zu unserer Ausstellung positiv reagiert hat. Sich bereit erklärt hat zu erscheinen und zur Eröffnung zu sprechen. Wir sehen, dass es verschiedene Lösungsvorschläge der Stadt gibt. Anstatt mit Wut zu reagieren, möchten wir mit engagierten Menschen, und obdachlosen Menschen ins Gespräch kommen. Mit verschieden Formaten neue Wege der Kommunikation denken, Planungsprozesse transparent machen und einen Raum der Kommunikation gestalten. Die Ausstellung ist gut besucht und wir freuen uns über das zahlreiche Erscheinen. Was wir wirklich verändern, ist eine Frage, die mir an dem Abend gestellt wird. Zum einen erfüllen unsere Interventionen am Platz ihren Zweck in der Aktion selbst. Zum anderen werden unsere Daten mit in die Stadtgestaltung einbezogen. Durch Partizipation und interdisziplinäres Arbeiten, möchten wir Machtverhältnisse brechen und ein kollektives Gedächtnis schaffen. Mit der Hilfe von gestalterische Methoden intervenieren wir auch heute, vor Ort in der fiftyfifty Galerie. Was uns an diesem Abend wichtig ist – Menschen zusammenzubringen, ob zum Diskutieren, zum Lachen oder zum Tanzen.

Ein Projekt von Paradise-Park-
Ein Beitrag von Janna Lichter

Hochschule Düsseldorf
Fachbereich Design
betreut von Prof. Anja Vormann

Weiterführende Links:
www.rp-online.de (Zuhören, wie eine Stadt tickt)
www.rp-online.de (Kunst von Menschen auf der Straße)
www.rp-online.de (Geisel nennt Steine gegen Obdachlose „töricht“)
www.pbsa.hs-duesseldorf.de (Draußen sein & Paradies Worringer)
www.coolibri.de (Draußen sein Vernissage mit Live-Musik von Vom Ritchie)
www.facebook.com (Ausstellungseröffnung fifyfify)
www.draussensein-duesseldorf.de