The Private Is Public

Das Theaterfestival in Avignon gab Anlass zu einer Kooperation zwischen dem Fachbereich Design und dem Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften. Volker Schulz, Dozent im Bereich Video des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften entwickelte zusammen mit dem Choreografen Fabian Chyle, sowie der Regisseurin Sandra Ankam ein Konzept für eine einwöchige Projektwoche während des Festivals.

Teilnehmende waren Studierende des Studiengangs „soziale Arbeit“, „Kultur, Ästhetik, Medien“, Mitglieder der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW und wir, als Designstudenten, inklusive des Paradise-Park-Bus.

Unter dem Arbeitstitel „Dagegen, Dazwischen, Daneben“ wurde das, inzwischen extrem kommerzialisierte Theaterfestival an seiner Peripherie aufgesucht, um, durch im Vorfeld erarbeitete Strategien des performativen Handelns einerseits die Regeln und Normen des Stadtraumes zu befolgen, andererseits diese auch zu brechen.

„The Privat is Public“ war dabei das Leitmotiv für die Workshopteilnehmer und gleichzeitig Handlungsanweisung sowie Fragestellung. Was macht eine Handlung zu einer privaten Handlung? Ist sie noch privat, wenn sie im öffentlichen Raum ausgeführt wird? Wie ist der öffentliche Raum definiert und welche unausgesprochenen Regeln existieren dort?

Der Paradise-Park-Bus eröffnete in diesem Kontext viele Möglichkeiten der Verbindung zwischen Innen- und Außenwahrnehmung. An dem mobilen Schnittplatz konnte das täglich gedrehte Material sofort weiterverarbeitet werden und die entstanden Filme des Vortags und deren Rezeption, bewusst für die weitere Gestaltung des Workshops genutzt werden. Auch die drei Abschlussperformances wurde von jeweils einer Kamera als „Oneshot-Aufnahme“ begleitet und ermöglichten eine Performance, innerhalb der Performance und somit einen anderen ästhetischen Zugriff auf die Prozesse des performativen Handelns.

Der Begriff „Performativ“ bzw. „Performativität“ wurde von John Langshaw Austin (How to do things with words; Harvard University Press, 1962 — die deutsche Übersetzung erschien 1972: Zur Theorie der Sprechakte, Reclam) geprägt und beschreibt eine Klasse sprachlicher Konstruktionen. Performativ bezeichnet eine Sprachhandlung, also eine Handlung die durch das Sprechen selbst, Realität wird. Ein Beispielsatz wäre: „Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau“. Quelle: https://www.performativ.de/

Bezogen auf eine Praxis im Raum, ist performatives Handeln, im Gegensatz zu einer darstellerischen Handlung, als Handlung zu verstehen, die immer auch wirklichkeitskonstitutionierend ist.

Sandra Ankam und Fabian Chyle stellen im Laufe der Woche einige Methoden vor, durch die Handlungen des Alltags und des Privaten, auch zu performativen Handlungen im öffentlichen Raum werden können:

Dekonstruktion: Durch das Aufteilen einer Handlung in seine einzelnen Bewegungsabläufe, können alltägliche Handlungen, z.B. eine Umarmung in Sequenzen und Momentaufnahmen zerlegt werden, die, wieder zusammengesetzt die ursprüngliche Bewegung in sich tragen und sie gleichzeitig konterkarieren.

Faktor Zeit: Durch Zeitlupen, oder extreme Beschleunigung einer Bewegung verlieren sich die Verweise zum Ursprung der Bewegung.

Wiederholung: Mehrmaliges Ausführen der immer gleichen Geste, z.B. Winken, löst das zeichenhafte dieser Bewegung und öffnet einen Raum für Neuinterpretationen.

The Private is Public
Laura Oldörp
Linda Weidmann

Semesterarbeit
betreut von Prof. Anja Vormann