»Peace is like a soul in a human being. Without soul human being is dead so without peace humanity is dead. Every individual wants to have the right of a peaceful life. To spread the peace in the world we have to think about others' lives.« Zahid
Das Buch „Tales from one and a thousand nights“ ist aus einer Zusammenarbeit von Kristin Trüb und Vanessa Macholz entstanden. Es behandelt die Erlebnisse, Hoffnungen und Ängste von Menschen mit Fluchterfahrung. Auslöser für das Projekt war die europäische Migrationskrise ab 2015 und eine Reise nach Griechenland. In Kos hat Kristin versucht, sich ein Bild über die Situation der Menschen, die seit Monaten die Schlagzeilen dominierte, zu verschaffen. Ausgehend von der Frage, inwieweit wir als Designer oder Kreative dabei helfen können, mit unserer Arbeit die fehlgeleitete Kommunikation zwischen verschiedenen und ungewollt aufeinander treffenden Kulturen und Traditionen zu verbessern, war es ihr Ziel, Missstände aufzuzeigen und ihre eigene Auseinandersetzung mit dem Thema und den Menschen zu dokumentieren. Sie wollen Ansichten öffentlich machen, die sonst untergehen würden und keine hohe Relevanz in der Berichterstattung bekommen. Zum anderen wird durch die Gestaltung, die Verwendung der Typografie und den Einsatz von verschiedenen Sprachen der Betrachter dazu angehalten, sich mit Fremdartigkeit sowie verschiedenen Sprachen zu befassen und sich auf unterschiedliche Meinungspositionen einzulassen, um die eigene Haltung zu hinterfragen und sie aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können.
Das Buch ist in vier Abschnitte unterteilt: Direction of Hope, Safe and Sound, Home away from Home und Lost in Space. Der erste Abschnitt handelt von der Reise nach Kos, dem anfänglichen Ohnmachtsgefühl und der Überforderung der Studentin. Visualisiert wird das durch eine chaotische Gestaltung: Subjektive Fotografien kontrastieren mit kühlen Fakten. Der zweite Abschnitt zeigt Menschen in Flüchtlingsunterkünften.
Kristin hat am Anfang ihrer Reise Zahid kennengelernt. Zahid hat in Afghanistan als Englischlehrer gearbeitet und wurde wegen des Verdachts, er arbeite für die Amerikaner, von der Taliban bedroht. Er sah sich gezwungen, Afghanistan zu verlassen. Sie begleitet ihn und seine afghanisch-pakistanischen Freunde: Sie wird in die Gruppe aufgenommen und fotografiert, wie die jungen Männer tanzen, kochen und beten. Verständigungsschwierigkeiten werden über den Versuch, die Sprache des anderen (Pashtu/Deutsch) zu lernen, teilweise überwunden. Ansonsten werden Dinge einfach aufgeschrieben oder aufgemalt.
Nach den situativen Fotografien folgt eine Bildreihe, die die Männer aus Afghanistan und Pakistan einzeln darstellt. Sie sitzen mit ihrer ganzen Habe auf ihrem einzigen privaten Rückzugsort: ihrem Bett. Die beiden Studentinnen setzen das mit Vorurteilen aus der deutschen Bevölkerung als Bildunterschrift in Relation. Darunter werden Fakten aufgeführt, die diese widerlegen sollen.
Kristin greift auf verschiedene Bildsprachen für ihre Fotoarbeit zurück; sie werden durch Vanessas Gestaltung den verschiedenen Interviews, den Zitaten und Fakten gegenübergestellt. Diese Mischung spiegelt die unterschiedlichen und zum Teil divergenten Haltungen symbolisch wieder; sie werden durch die Art der Fotografie aufgegriffen, indem sie zwischen distanzierten und intimen Positionen wechseln.
Wenn ich ein Vogel wäre
wäre ich mit dir geflogen.
Ich wäre mit dir irgendwohin geflogen.
Wenn ich ein Traum wäre
wärest du die Augen,
die diesen Traum sehen.
Wenn ich bei dir bleiben könnte,
hätte ich die Ewigkeit gespürt.
Hätte ich woanders gelebt. Isaam Al Najm
Im nächsten Abschnitt des Buches folgt ein Text über das Fremde von Jan S. Guse. Er beschäftigt sich mit der Frage, „was geschieht, wenn wir anfangen unser Denken und Handeln dergestalt zu strukturieren, dass beispielsweise, die Unterscheidung, das Fremde/das Nicht-Fremde‘ eine klare Wertung erfährt, die das eine über das andere stellt“. Danach folgt eine weitere Textpassage von Astrid Messerschmidt: wie man fremd wird oder fremd sein kann; es geht um eingewanderte Fremde und darum, dass sie die bestehende, uns angenehme Ordnung, in der wir leben, einfach durcheinanderbringen und deshalb eine fremde Wirkung auf uns haben. Diese Wirkung müssen wir erstmal verstehen und auf uns darauf einlassen.
Seit 2015 sind unzählige Gestaltungsprojekte entstanden, die einen Versuch unternehmen, die Sicht des anderen und den „Fremden“ besser zu verstehen. Im Februar 2016 wurde die „What Design Can Do Challenge“ vor dem Hintergrund ausgelobt, dass Design einen besonderen Mehrwert liefern kann, wenn es darum geht, hochkomplexe Probleme, sogenannte Wicked Problems, anzugehen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Herausforderungen, die infolge unvorhersehbarer Wechselbeziehungen und Unbekannter mittels einfacher Modelle oder traditioneller, fortlaufender Methoden nur schwer oder gar nicht gelöst werden können. Diese wachsende Problematik lässt sich auch an der Zunahme von Disziplinen wie Service Design, Social Design oder Design Thinking beobachten.
Bei der europäischen Migrationskrise ab 2015 handelt es sich um ein solch komplexes Problem: nach UNHCR-Angaben wurden weltweit circa 60 Millionen Menschen gezwungen ihre Heimatorte zu verlassen, mit Auswirkungen auf die Zielländer und auf auseinanderstrebende Positionen in der Bevölkerung.
Vanessa Macholz (Gestaltung)
Kristin Trüb (Fotografie)
Abschlussarbeit
Hochschule Düsseldorf
Fachbereich Design
Fachhochschule Dortmund
Fachbereich Fotografie
betreut von Prof. Laurent Lacour und
Prof. Anja Vormann
Ausgezeichnet mit dem Preis „DDC Gute Gestaltung 19“
Weiterführende Links
http://www.kristintrueb.de/
https://www.vanessa-macholz.com/