Warum bist du hier? – Ich suche Leben – Weil der Fernbus nicht zu mir nachhause fährt – um Allah zu dienen – Heroin – wenn ich das nur wüsste – aus Gründen – Schumacher
Wie lange möchtest du hier bleiben? – Erstmal eine Ewigkeit – gar nicht – all night long – bis die Bahn kommt – keine Ahnung – jetzt muss ich gehen – Penis – so schnell zum Klo wie geht
Was bedeutet der Platz für dich? – Dynamik und Stillstand – Wuselei.
Annika und ich begaben uns am ersten Tag auf den Platz, um einen Eindruck der Menschen vor Ort, deren Strukturen und Tagesabläufe, Gespräche, Gewohnheiten und Stimmungen zu bekommen, kurzum, den Platz als Sozialraum zu verstehen. Unsere Fragen an den Ort waren: Welche Gruppierungen passieren den Platz, für wen ist der Platz ein Zuhause, welche Stimmen kann man einfangen? Wer begegnet sich hier? Gibt es einen Austausch? Welche sozialen und kulturellen Kräfte treffen hier aufeinander? Was fällt besonders auf und ist ein markantes Merkmal für den Platz?
Was wünschst du dir in diesem Moment? – Die Zufriedenheit Allahs! – Meine Tochter, Geld und eine friedliche Welt. – Geld. Blumen. Sonne. Einen Heiratsantrag. – Heroin – aktive Kippen – ein Klo – Wasser – deine Mutter – Liebe
Nach kurzer Zeit der Anwesenheit am Platz, teilte sich der Raum für uns nicht nur in räumliche Objekte, sondern auch in Orte unterschiedlicher Zugehörigkeit. Menschen mit Bierflaschen und mitunter lauter Stimme kommen beispielsweise den Passanten und Pendlern an den Bahnhaltestellen nicht zu nahe. Obwohl unsere studentischen Projekte im öffentlichen Raum, rund um den Paradise-Park Ü-Wagen, stattfanden und eigentlich alle Menschen auf den Platz ansprechen sollten, zeigten größtenteils allein die ca. 50 Wohnungs- oder Arbeitslosen Menschen auf der linken Seite des Platzes Interesse an einem Austausch mit uns – teils über positive Kommentare und Teilnahme an unsren Aktionen, teils auch über genervte Bemerkungen über unsere Präsenz.
Wir teilten den Worringer Platz in eine Art Raum mit sprachlicher Struktur auf und bildeten Ankerpunkte, an denen wir die Plakate mit Stiften aufhängten. Die Fragen entstanden auf der Grundlage der Gespräche, die wir auf dem Platz geführt hatten. Teils waren es Fragen, die einer Smalltalk-Situation an der Haltestelle entspringen, teils persönlichere Fragen, was z. B. für die Menschen vor Ort das Paradies aussieht oder wo sie jetzt grade gern wären.
Das weiße Papier, mit je einer Frage am oberen Rand, erschien uns wie eine Hommage an die digitale Kommunikation, wie man sie beispielsweise in WhatsApp oder auf Facebook findet. Auch die Anonymität der Empfänger und deren Antworten erinnert an digitale Sphären der Kommunikation.
Wohin gehst du? – Katzen füttern – Darmstadt – Puff – Ich möchte nach Hause – Penis – Richtung Jannah – leider zurück nach Berlin – zum Ficken – Dönerbude – Hamm
Was machst du heute noch? – Ich will alles erleben, dass ich spüre, ich bin am Leben – Beim Umzug helfen – CSD gehen mit mein Schatz – Heavy Metall Partäy – Essen (herz) – saufen
Durch die offene Platzierung der Plakate im Raum wurde es möglich, dass sowohl Passanten, Pendler, Wohnungs- und Arbeitslose zum gemeinsamen Austausch auf dem Papier zusammenkamen. Ein ruhiger Moment bis die Bahn kommt; ein neugieriger Blick auf das weiße Papier; kommentarloses Verweilen vor dem Plakat, … dies sind Reaktionen, die sich über die Installation unseres temporären Fragen-Projekts auf dem Platz beobachten ließ. Das Blatt führte damit Antworten verschiedener Gruppen in geschriebener Form zusammen, sodass ein indirektes Gespräch aus vielen Stimmen des Platzes entstand. Zur Weiterführung des Projekts werden wir nun aus den Antworten neue Fragen entwickeln und das analoge Gespräch fortführen.
Was ist das Paradies für dich? – Verständnis und Loyalität – Liebe Menschen, gute Stimmung, genug Bier – Alles von Gott geschaffene (beim Menschen hätte er aufhören können) – das Paradies ist nur einen Gedanken entfernt – Menschen die ich liebe um mich zu haben – es ist in Dir – Gesundheit.
Annika Opfer und Julia Schmitz
Ein Platzgespräch am Worringer
Semesterarbeit
Hochschule Düsseldorf
Fachbereich Design
betreut von Prof. Anja Vormann und
Prof. Britta Wandaogo