Über das Lesen, Filme schauen und dem Austausch mit eingeladenen Gästen wie Autoren und Filmemachern, sowie Schreib- und Videoübungen haben die Studierenden im Grundlagenseminar »What turns you on« (Bewegtbild und Sound) bei der Gastdozentin und Filmregisseurin Pia Hellenthal einen ersten eigenen Zugang zum audiovisuellen Medium bekommen. Auf der Grundlage von Schreibübungen, die reine Situationsbeschreibungen umfassten, sowie der Auseinandersetzung mit autofiktionalen Inhalten wurden kleine Filmbeiträge entwickelt. Wir stellen drei Arbeiten aus dem Grundlagenseminar vor:
Emily Schoeme setzt durch Match Cuts Bilder in Beziehung, die zunächst konträr scheinen und experimentiert mit der Darstellung von Zerbrechlichkeit. „Ich versuche mich zusammenzureißen und lege meinen Fokus auf das Beobachten der Anderen schweigenden Personen im Raum. Nach einer Weile empfinde ich dieses Schweigen als entspannend und kann die Atmosphäre viel besser in mich aufnehmen. Gerade die Geräusche außerhalb des Cafés nehme ich viel bewusster wahr. Ich ertappe mich dabei kurz meine Augen zu schließen und wie ich komplett in die Geräusche-, Gerüche- und Geschmackswelt eintauche. Ich empfinde auf einmal alles wertfrei und neutral, als wäre ich eine leere Leinwand und alles was um einen herum geschieht hinterlässt ein Strich, ein Klecks oder irgendwas, ohne Perfektion hervorrufen zu wollen. Plötzlich erklingt aus einer Musikanlage über unserem Tisch, eine klassische Melodie. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie das Stück heißt, aber darum geht es nicht. Ich habe es aufgesaugt wie ein Schwamm und schwelge in einem Traum. Mein erfüllter Traum von Tokio.“
Grundlage für die Arbeit »Genug gestrecht« von Patricia Ekkert sind Gedankengänge, die während einer Stretchingphase beim Joggen entstanden sind. Für ihre Videoarbeit nutzt Patricia Ekkert Metaphern und visualisiert eine psychologische Innenwelt, die keinem linearen Muster folgt. „Hm, das ist ganz schön eklig. Moment…ist das scheiße von mir, wenn ich Beine von alten Frauen eklig finde? Naja so viel zu meinem letzten Instagram Post von mir im Bikini, hashtag body positivity. Aber sieh sich das doch einer mal an. Die Haut ist praktisch durchsichtig. Man kann die Adern sehen. Leberflecken und sie sind schrumpelig. Wie rasiert man sich wenn die Beine schrumpelig sind? Ich will da gar nicht weiter drüber nachdenken. Ablenkung. Da die Hunde, die sind ja ganz süß. Sag mal merken die Frauen nicht das die Ampel grün ist. Sollte man in so einem Moment etwas sagen? Wie würde man das sagen „Hey, hey Entschuldigung. Scheinbar ist Ihnen entgangen, dass die Ampel grün ist. Vielleicht sollten sie Aufhören zu quatschen, zumal Sie gerade eh nicht draußen sein sollten. “Oh da joggt noch jemand. Sein Shirt hat Schweißflecken. Wie er wohl riecht? Wie ich wohl für andere rieche? Ob wir mit unseren Gerüchen kompatibel wären? […] Der Typ, der gerade aus dem Kiosk rauskommt, sieht das scheinbar genaus-oh das ist Kevin. Sag ich hallo? Hmm, ich hab ihm auf WhatsApp nicht geantwortet. Das ist bestimmt 3 Wochen her. Na gut, dann dreh ich mich halt etwas zur Seite. Oh ja er raucht wohl immer noch Malboro. Was wäre passiert, wenn die Kiosks auch hätten schließen müssen? Was wäre aus all diesen Rauchern geworden? […] Kevin fährt Fahrrad? Vielleicht ein neues Hobby. Zeit wird er genug haben. Wo ist eigentlich mein Fahrrad? Na ja, genug gestretcht, weiter gehts.“
Im Filmbeitrag »Das Kioskdebakel« untersucht Malte Kämmerling den Zustand des high seins und den eines „Fresskicks“, ohne ihn explizit zu benennen oder zu zeigen. Mit Bild und Ton erzeugt er ein bei dem Betrachter bekanntes Gefühl. Dabei verzichtet er auf gängige Darstellungsweisen und schafft eine eigene Art der Erzählung und audiovisuellen Übersetzung. „Ich schlender‘ über den steinigen Gehweg in meinen ausgelatschten Adiletten, doch muss schließlich dann doch an ein einer Ampel Halt machen und blicke schon auf die roten „Trinkhalle“(-n)-Schriftzüge gegenüber. Durch die Glasscheiben lassen sich bereits aus der Ferne einige Getränke und Schnabulitäten erkennen. Ich schaue rechts, ich schaue links und weit und breit kein Auto in Sicht, weshalb ich mich dazu entscheide bei Rot die Straße zu überqueren. Ich gehe in den Laden und als die Tür schon nur ein Spalt offen war, höre ich die lauten Klänge eines Spielfilmes, welchen der Kioskbesitzer mal wieder während seiner Arbeit schaut. Er grüßt mich flüchtig und ich begebe mich zu den Kühlschränken, wo ich mir einen Lipton-Eistee für meinen Mitbewohner und einen für mich heraushole. Dann stehe ich erst einmal eine Weile vor den Snacks und entschließe mich letztendlich dazu mir eine gemischte Tüte zusammenzustellen. Ich öffne den durchsichtigen Deckel der Süßigkeitenboxen und mit der kleinen Metallzange fülle ich nach und nach die weiße Papiertüre. Ich nehme jede Süßigkeit zweimal, dann begebe ich mich zur Kasse. Der Kioskverkäufer stoppt seinen Film und fragt mich, wie viele Süßigkeiten ich denn in die Tüte getan hätte. Ich antworte salopp „Zehn“. Er erwidert „Drei fünfzig“ und ich fange an in meiner Hosentasche zu kramen. Während ich mein Geld zusammensuche kommt ein weiterer Kunde hinein und wartet hinter mir. Beim Herausholen meines Geldes fällt die Hälfte auf den Boden, doch der neue Kunde unterstützt mich sofort mithilfe der Taschenlampe seines Handys, um mein Geld wiederzufinden. Ich bedanke mich bei ihm für die Hilfe und lege dem Kioskbesitzer die Münzen in die Geldschale auf den Tresen.“
Hochschule Düsseldorf Fachbereich Design betreut von Pia Hellenthal