Tragen

Tragen - Sexualiserte Gewalt

Celina Dolgners Bachelorarbeit „Tragen“ widmet sich den Betroffenen sexualisierter Gewalt. In verschiedenen sozialen Netzwerken rief sie dazu auf, ihr die Kleidung zuzuschicken, die während eines Übergriffs getragen wurde, samt der Geschichte dazu. Sie erhielt über 30 Nachrichten zu diesem Aufruf.

Identität: Opfer? Vergewaltigung ist das einzige Verbrechen, dass eine neue Identität aufzwingt. Schnell wird klar, dass viele der Betroffenen nicht über ihre Erlebnisse öffentlich sprechen möchten, um nicht auf das was ihnen Geschehen ist, reduziert zu werden, anders von ihrem Umfeld behandelt und wahrgenommen zu werden, ihr ganzes Leben lang. 

Kleidung ist nur Kleidung. In dieser Arbeit wird sie, durch den Moment in dem sie getragen wurde, zu etwas Anderem, zu einem Material, das stellvertretend ein Portrait des Betroffenen abbildet. Sie wirkt auch als Zeitzeuge, denn sie ist das was nach der Tat übrig bleibt und macht das Geschehene greifbarer, realer. Durch die minimalistische Darstellung, wirken die Kleidungsstücke dennoch nur begleitend und geben den Geschichten genug Platz um zu wirken.

Die Arbeit zeigt die vielen verschiedenen Bereiche und Arten in denen sexualisierte Gewalt stattfindet, wie alltäglich und nah sie doch eigentlich ist.

Die Tatsachenberichte bleiben unverändert und zeigen durch die Art und Weise der Erzählung die Empfindung und den Umgang der Geschehnisse eines jeden einzelnen. Die Arbeit soll nicht als Plattform gesehen werden Opfer zu präsentieren, sondern den Betroffenen die Möglichkeit bieten eine Machtposition einzunehmen, frei von Scham und Veruteilung darüber zu sprechen und die Menschen ein neues Bewusstsein für diese Thematik entwickeln zu lassen. Sie steht der Entmündigung eines Opfer gegenüber, dass durch gesellschaftliche Ansichtsweisen vorgeschrieben bekommt was „richtige“ Vergewaltigungen sind und wie „richtige“ Opfer zu sein haben.“

Es gab da diese Person in meinem Freundeskreis, die unheimlich scharf auf mich war. Da ich das schnell bemerkt habe, habe ich sofort gegen gesteuert und immer wieder betont, dass es schön ist, dass man auch mit jemandem des anderen Geschlechts so gut befreundet sein kann. Trotzdem wurde nicht locker gelassen und ständig kamen neue Annährungsversuche, die ich ebenfalls immer wieder abgewiesen habe. An einem Abend waren wir auf der gleichen Party und ich wurde einfach komplett abgefüllt. Ich habe so gut wie keine Erinnerung an den Abend, am nächsten Tag bin ich nackt in ihrem Bett aufgewacht. Ich hab noch verschwommene Erinnerungen, dass sie auf mir saß und ich sagte sie soll von mir runter gehen und das ich keinen Sex will. Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob das eine Vergewaltigung war. Ich habe einfach so oft gehört, dass Männer keine Opfer und Frauen keine Täter sein können. Als meine Freundin meinte wie ich die Situation bewerten würde, wenn die Geschlechter vertauscht gewesen wären, wäre die Situation für mich eindeutig ein sexueller Übergriff. So bin ich mir einfach nicht sicher.

Ich war in der dritten oder vierten Klasse, also gerade mal acht oder neun Jahre alt. Auf dem Weg von der Schule zum Hort gab es ein kleines Waldstück, wodurch man gehen musste. Ich war immer eher die Verträumte und hab gern getrödelt, deswegen waren die anderen Kinder schon weiter vor und ich bin hinterher getrottet.Der Typ war zwischen 40 und 50 denk ich, hat von hinten seinen Arm um meinen Hals gelegt und mich gegen sich gedrückt, mir zwischen die Beine gepackt und gesagt: „Na gefällt dir das?“ Ich hab geschrien, er soll mich loslassen, hab nach meinen Freunden gerufen. Ein paar kamen zurückgerannt und er hat mich losgelassen und ist abgehauen. Es war Herbst, ich hatte also eine recht dicke Jacke an. Ich hab ein Stirnband getragen, meine damalige Lieblingshose, eine brombeerfarbene Cordhose und einen grauen Rucksack.

An Halloween vor ein paar Jahren war ich ziemlich betrunken. Ich wollte nach der Party einfach nur noch nach Hause und habe das nächste Taxi genommen. Da ich ziemlich wankte und ich nicht besonders gut auf dem Kopfsteinpflaster gehen konnte, kam ein Typ, den ich nicht kannte, und bot seine „Hilfe“ an. Er ist dann aber einfach zu mir ins Taxi gestiegen, hat mir mein Handy weg genommen und angefangen mich zu bedrängen. Obwohl ich geheult habe und um Hilfe gefleht habe, ist der Taxifahrer einfach weiter gefahren. Der Typ hatte ihm seine Adresse genannt und er hat uns dahin gefahren. Ich bin dem Kerl hinterher bis in sein Haus, um mein Handy zurück zu bekommen. Ich ließ es einfach über mich ergehen. Er hat alles mit mir gemacht, außer seinen Schwanz in mich zu stecken, ich habe ihm vorher mein Handy abgenommen und bin raus gerannt, fast dabei hingefallen, da er versucht hat mich festzuhalten. Ich bin in das nächste Taxi gesprungen das kam und konnte endlich nach Hause. Der Typ hat danach noch öfter versucht mit mir Kontakt aufzunehmen. Leider war das nicht meine einzige Erfahrung dieser Art. An diese erinnere ich mich nur am besten.Ich habe auf einer Party KO-Tropfen in mein Getränk bekommen, in der Nacht kam es auch zur Penetration, aber ich habe keine richtige Erinnerung daran, nur noch Fetzen. Ich hatte an dem Abend nur ein Bier getrunken, mehr nicht. Die Tropfen müssen hinter der Bar schon in meine Flasche getan worden sein, ich achte egal wo ich bin extrem gut auf mein Getränk. Ebenfalls habe ich durch zwei meiner Exfreunde Übergriffe innerhalb der Beziehung erlebt. 

Celina Dolgner
Tragen – Sexualiserte Gewalt
Abschlussarbeit

Hochschule Düsseldorf
Fachbereich Design
betreut von Prof. Mareike Foecking und
Nina Ditscheid

Celina Dolgner – Tragen – 2,06 kB